Stand: 24.02.20153.6.1. Die EuGVVO

Haben gemäß EuGVVO die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz in der Europäischen Union hat, eine Gerichtsstandvereinbarung getroffen, so sind die von den Parteien bestimmten Gerichte zuständig. Die Verordnung enthält bestimmte Formalitäten für eine solche Gerichtsstandvereinbarung. Diese muss schriftlich oder in einer Form geschlossen werden, welche die Gepflogenheiten berücksichtigt, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, der den Parteien geläufig war.

Gibt es keine Gerichtsstandvereinbarung, so sind grundsätzlich für Klagen die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig, in denen der Beklagte seinen Wohnsitz hat, die Staatsangehörigkeit ist dabei unerheblich. Die Bestimmung des Wohnsitzes erfolgt nach dem Recht des Mitgliedsstaates, in dem sich das befasste Gericht befindet. Bei juristischen Personen (z.B. GmbH´s) oder Unternehmen wird der Wohnsitz anhand des satzungsmäßigen Sitzes, der Zentralverwaltung oder der Hauptniederlassung bestimmt. Für bestimmte Rechtssachen legt die Verordnung sogenannte Wahlgerichtsstände fest. Liegt einer solcher Sachverhalt vor, so kann  der Kläger den Beklagten entweder an seinem Wohnsitz oder am Wahlgerichtsstand klagen. Beispiele für Wahlgerichtsstände sind der Gerichtsstand für Unterhaltssachen, Deliktsachen, der Gerichtsstand der Widerklage uam.

Abgesehen von der grundsätzlichen Zuständigkeit, den Wahlgerichtständen und der Möglichkeit den Gerichtstand frei zu vereinbaren, kann ein Beklagter vor ein Gericht eines anderen Mitgliedsstaates zitiert werden. Dies ist dann der Fall, wenn eine besondere Zuständigkeit gemäß EuGVVO gegeben ist. Diese besonderen Zuständigkeiten betreffen Versicherungssachen, individuelle Arbeitsverträge und Verbraucherverträge.

Von großer praktischer Bedeutung sind die Vorschriften über Verbraucherverträge. Verbraucher sind Personen, die im Geschäftsverkehr zu Zwecken außerhalb ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handeln. Darunter fallen beinahe alle Verträge von Verbrauchern mit Personen, die in der Europäischen Union eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausüben (Ausnahme z.B. Beförderungsverträge, Teilzahlungskaufverträge). Bei solchen Verträgen ist zu beachten, dass der Verbraucher nicht nur selbst immer im Staat seines Wohnsitzes zu klagen ist, sondern auch den Unternehmer unter bestimmten Umständen an seinem Verbraucherwohnsitz klagen kann. So wird ein Verbrauchergerichtstand immer dann begründet, wenn der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ins Hoheitsgebiet des Verbrauchers hin ausrichtet oder ausübt oder wenn es sich um den Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung handelt. Ferner können gültige Gerichtsstandvereinbarungen mit Verbrauchern nur nach der Entstehung von Streitigkeiten getroffen werden. Diese Regelung soll den Verbraucher vor der wirtschaftlichen Übermacht des Unternehmers schützen. 

Neben diesen besonderen Zuständigkeiten gibt es auch sogenannte „ausschließliche Zuständigkeiten“. In diesem Fall, kann nur an dem in der Verordnung angeführten Ort geklagt werden. Beispiele dafür sind Klagen die Miete und Pacht zum Gegenstand haben und Vollstreckungssachen. Bei Miete und Pacht ist das Gericht zuständig in dem sich die Immobilie befindet, bei der Vollstreckung von Entscheidungen liegt die Zuständigkeit bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem die Zwangsvollstreckung erfolgen soll.

Tipp: Formulierungsbeispiel einer Gerichtsstandklausel*
Beide Parteien erklären sich mit der ausschließlichen Zuständigkeit des Gerichtsstandes am Geschäftssitz des Verkäufers einverstanden.
Englische Übersetzung:
Each party agrees to submit to the exclusive jurisdiction of the courts having jurisdiction for the seller.
*(aus Vertragsgestaltung im Auslandsgeschäft, Graf von Bernstorff, 2007)

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