Stand: 05.08.20223.1.6. Zollverfahren beim Import

Allgemeines

Der EU-Zollkodex kennt unterschiedliche Zollverfahren.
Bei der Wahl des richtigen Zollverfahrens in der Einfuhr sollte zunächst entschieden werden, ob die Waren in den Wirtschaftskreislauf der EU eingehen und somit endgültig in der EU verbleiben oder nur temporär für einen bestimmten Zweck importiert werden. Nur wenn geplant ist, dass die Waren tatsächlich und endgültig in der EU verbleiben und hier genutzt werden, sollte die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr gewählt werden.

Folgende Zoldrei Zollverfahren stehen zur Auswahl:

Bei den sonstigen Verfahren gibt es folgende Möglichkeiten:

●    Vorübergehende Verwendung

●    Aktive Veredelung/Umwandlung

●    Zolllagerverfahren

●    Versandverfahren

●    Passive Veredelung

Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr

Bei diesem Verfahren wechseln die Waren durch „Verzollung“ den Status von Nichtunionswaren zu Unionswaren und können anschließend frei in der EU zirkulieren und gehandelt werden. Nur in Ausnahmefällen gelten anschließend an die Verzollung bestimmte Verwendungsvorschriften bzw. unterliegen die Waren nach Überlassung durch die Zollbehörden noch der zollamtlichen Überwachung (z.B. muss bei Gewährung einer Zollbegünstigung auf Basis von bestimmten Verwendungszwecken, die Ware nachweislich dem genehmigten Verwendungszweck zugeführt werden).

Die Überführung in den freien Verkehr sollte nur dann gewählt werden, wenn die Waren endgültig im Zollgebiet der Union verbleiben um hier genutzt oder verbraucht zu werden. Dem Wirtschaftszollgedanken folgend, sollen daher nur für jene Waren die Einfuhrabgaben bezahlt werden, welche auch in den Wirtschaftskreislauf der EU eingehen. Für Waren deren Verbleib in der EU noch ungewiss ist (z.B. Handelsware und der noch unbekannte Käufer könnte auch im Drittland sitzen), gibt es z.B. die Möglichkeit die Waren im Zolllager unverzollt zu belassen.

Bei der Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr, werden die Einfuhrabgaben erhoben. Näheres hierzu unter Punkt 3.2 ff. Eventuelle Importverbote und -beschränkungen kommen vor allem bei der Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr zur Anwendung (vgl. Punkt 3.7).

Vorübergehende Verwendung

Bei Anwendung des Zollverfahrens der vorübergehenden Verwendung, können Waren temporär und zu einem bestimmten Verwendungszweck in die EU eingeführt werden, ohne dass jedoch die Einfuhrabgaben zu entrichten sind. Dem Wirtschaftszollgedanken entsprechend, sollen also für jene Waren, welche nur temporär in der EU verbleiben und daher nicht in den Wirtschaftskreislauf eingehen, grundsätzlich keine Einfuhrabgaben erhoben werden (z.B. Ausstellungsgüter auf einer Messe in Österreich, welche nach Beendigung der Messe wieder in das Drittland verbracht werden).

Andererseits muss aber auch vermieden werden, dass ausländische Waren, welche temporär im Inland genutzt werden, gleiche inländische Waren (egal ob im Inland hergestellt oder bereits verzollte ausländische Ware) wirtschaftlich benachteiligen (z.B. ein Bagger aus der Ukraine wird im Inland temporär bei einer Baustelle genutzt).

Um diesen beiden Ansätzen gerecht zu werden, gibt es also bei der vorübergehenden Verwendung zwei Varianten:

  1. Vorübergehende Verwendung unter vollständiger Befreiung der Einfuhrabgaben
  2. Vorübergehende Verwendung unter teilweiser Befreiung der Einfuhrabgaben

Die vorübergehende Verwendung unter vollständiger Abgabenbefreiung ist in der Delegierten Verordnung zur Ergänzung des UZK in den Art. 208-236 geregelt und unter anderem möglich für folgende Verwendungszwecke:
persönliche Gebrauchsgegenstände und Sportausrüstung von Reisenden, Ausrüstung für Diagnose und Therapiezwecke bei dringendem Bedarf, Werbematerial, bestimmte Berufsausrüstung, pädagogisches Material, Umschließungen, Formen, Matrizen, Modelle, Gegenstände zur Erprobung, für Tests und Experimente, Muster zur Präsentation.

Die temporäre Einfuhr mit Abgabenbefreiung ist bewilligungspflichtig, wobei die notwendige Bewilligung üblicherweise durch Annahme der Anmeldung erteilt wird. Nur in besonderen Fällen ist eine Vorabbewilligung beim Zollamt zu beantragen.

Eine Vereinfachung der temporären Einfuhr in die EU bietet das Carnet ATA. Dieser internationale Zollhaftungsschein wird üblicherweise von der Handels- oder Wirtschaftskammer im Versendungsland ausgestellt und die ausgebende Stelle haftet gegenüber dem EU-Zoll für die vollständige und fristgerechte Wiederausfuhr der Ware aus der EU. Das Carnet ATA kann in der EU aber nur für bestimmte Verwendungszwecke eingesetzt werden: Berufsausrüstungen, Waren für Messen und Ausstellungen, wissenschaftliches Gerät, Lehrmaterial, Warenmuster und Transitverfahren.

Bei der teilweisen Abgabenbefreiung werden für jeden angefangenen Kalendermonat in dem die Ware in der EU verwendet wird, 3 % des Abgabenbetrages erhoben, der angefallen wäre, wenn die Ware zum Zeitpunkt der Einfuhr in den freien Verkehr überführt worden wäre. Zu beachten ist allerdings, dass die Einfuhrumsatzsteuer in voller Höhe erhoben wird (Bemessungsgrundlage ist der gesamte Wert inkl. des Teilzollbetrages). Das Verfahren der vorübergehenden Verwendung mit teilweiser Abgabenbefreiung ist also meist nur für Unternehmen mit Vorsteuerabzug wirtschaftlich interessant.

Handelspolitische Maßnahmen bzw. Verbote und Beschränkungen (vgl. Punkt 3.7) kommen grundsätzlich nicht zur Anwendung, außer diese Maßnahmen gelten bereits bei Verbringung der Ware in die EU (vgl. Punkt 3.1.3) – z.B. Embargomaßnahmen oder Medikamente.

Aktive Veredelung

Das Zollverfahren der aktiven Veredelung ermöglicht es, Waren temporär in die EU für Zwecke einer weiteren Be- oder Verarbeitung einzuführen. Nach dem Veredelungsvorgang werden die Waren wieder aus der EU ausgeführt. Da die Waren nur vorübergehend in der EU verbleiben ist eine vollständige Abgabenbefreiung in der Einfuhr möglich.
Die aktive Veredelung ist zulässig für die Bearbeitung von Waren (einschließlich Montage, Zusammensetzung oder Anpassung an andere Waren), die Verarbeitung, die Ausbesserung oder die Verwendung von Hilfsmitteln bei der Herstellung von Waren.

Das Verfahren ist grundsätzlich ein Exportförderungsinstrument, da bei der Produktion in der EU günstige ausländische Teile und Vormaterialien eingesetzt werden können, ohne dass für diese Teile die Einfuhrzölle in der EU erhoben werden.

Bei der aktiven Veredelung ist aber zu beachten, dass durch die Be- oder Verarbeitung oftmals der Warenursprung in der EU erzielt wird, sodass die verarbeiteten Waren aufgrund von Handelsabkommen in bestimmten Zielländern zollfrei eingeführt werden könnten. Eine Reihe von Handelsabkommen sehen jedoch vor, dass die verwendeten Vormaterialien aus dem zollrechtlich freien Verkehr der EU stammen müssen. Für die Ausstellung von Präferenznachweisen ist es daher notwendig, dass für die verwendeten Vormaterialien die jeweiligen Einfuhrzölle in der EU erhoben wurden bzw. nicht wieder erstattet werden (Draw-Back-Verbot). Das Zollverfahren der aktiven Veredelung ist daher meist nicht möglich, wenn die in der EU hergestellten Waren im Bestimmungsland zollfrei eingeführt werden sollen und ein Präferenzursprungsnachweis ausgestellt wird (vgl. hierzu den Punkt Warenursprung und Präferenzen 3.2.2).

Die Anwendung von handelspolitischen Maßnahmen sowie Verboten und Beschränkungen (vgl. Punkt 3.7) ist grundsätzlich nicht vorgesehen (außer im Verfahren der Zollrückvergütung).

Umwandlungsverfahren

Das Umwandlungsverfahren ist seit der Einführung des UZK kein eigenes Zollverfahren mehr, sondern nur mehr eine Sonderform der aktiven Veredelung. Im Unterschied zur aktiven Veredelung sollen jedoch die Waren nach Be- oder Verarbeitung nicht wieder aus der EU ausgeführt werden, sondern in der EU verbleiben. Die Umwandlung ist dann von besonderem Interesse, wenn der Einfuhrzoll in der EU für die neue (verarbeitete) Ware geringer ist, als der Einfuhrzoll für das zu importierende Vorprodukt. Beispiel: alte Holzkisten und Verschläge sollen in die EU eingeführt und dort als Brennholz weiterverkauft werden. Der Einfuhrzoll für Kisten beträgt 4 % für Brennholz 0 %. Um dennoch die Wertschöpfung des Schredderns in der EU zu ermöglichen, können die Kisten im Rahmen des Umwandlungsverfahren in die EU eingeführt und vorgemerkt werden. Nach dem Schreddern können die vorgemerkten Kisten in Form des Brennholzes zum geringeren Einfuhrzollsatz des Brennholzes in den freien Verkehr überführt werden.

Bei der Einfuhr der Vormaterialien kommen handelspolitische Maßnahmen sowie Verbote und Beschränkungen (vgl. Punkt 3.7) nicht zur Anwendung. Ausgenommen sind jedoch Maßnahmen wie Embargos, welche bereits im Zeitpunkt des Verbringens (vgl. Punkt 3.1.3) greifen.

Zolllagerverfahren

Bei diesem Verfahren, können Nichtunionswaren ohne Erhebung der Einfuhrabgaben in die EU eingeführt und hier gelagert werden. Handelspolitische Maßnahmen greifen nur dann, wenn diese bereits beim Verbringen in die EU zu beachten sind (vgl. Punkt 3.1.3).
Das Zolllager erfüllt somit für den Importeur zwei Funktionen. Werden die Waren nach einer Lagerdauer in den zollrechtlich freien Verkehr in der EU überführt, müssen die Einfuhrabgaben erst zum Zeitpunkt der Entnahme aus dem Lager bezahlt werden. Das Zolllager hat somit eine Kreditfunktion. Werden hingegen die Waren nach einer Lagerung wieder ausgeführt (z.B. an einen Kunden im Drittland) hat das Zolllager eine Transitfunktion und die Einfuhrabgaben mussten in der EU nie bezahlt werden.


Sämtliche Behandlungen der Ware in Zolllagern müssen zuvor bei den Zollbehörden beantragt werden. Auch eine vorübergehende Entfernung der Ware aus dem Lager ist möglich (z.B. um die erlaubten Tätigkeiten im eigenen Betrieb durchzuführen).

Versandverfahren

Das Versandverfahren ermöglicht den Transport von Nichtunionsware innerhalb der EU. Üblicherweise wird das Transitverfahren benötigt, damit Waren vom Eintrittsort in die EU (Außengrenze) weiter zu einem Bestimmungsort im Inland transportiert werden können. Dies entlastet zum einen die Grenzen und andererseits können Warenkontrollen im Zuge der Entladung besser durchgeführt werden. Die im Zuge der Einfuhr in die EU anfallenden Zollförmlichkeiten entfallen somit und werden zum Inlandszollamt verlagert.

Waren die in der Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr Verboten und Beschränkungen unterliegen (z.B. Waffen, Suchtgifte, lebende Tiere) werden auch im Versandverfahren geprüft und allenfalls erforderliche Bescheinigungen und Bewilligungen sind vorzulegen um das Versandverfahren durchführen zu können.

Mittlerweile wird das Versandverfahren nur mehr elektronisch abgewickelt (NCTS – New Computerised Transit System) wofür auch ein EDV-Programm mit speziellen Schnittstellen zum Zollamt notwendig ist. Der Inhaber des Versandverfahrens ist für die ordnungsgemäße Durchführung verantwortlich. Zusätzlich muss der Inhaber des Verwahrens eine entsprechende Sicherheit beim Zoll hinterlegen.

Bei Eigentransporten durch den Importeur ist es in der Praxis oftmals schwierig, an der EU Eingangsstelle (Außengrenze) einen Spediteur zu finden, welcher für unbekannte Kunden das Versandverfahren eröffnen will, da der Spediteur als Inhaber des Verfahrens das Risiko der fristgerechten Stellung der Ware beim Bestimmungszollamt trägt. Zur Problematik von Eigentransporten vgl. auch Punkt 4.1.

Ausfuhrverfahren und passive Veredelung

Diese beiden Verfahren sind grundsätzlich nur im Export notwendig und von Bedeutung. Die passive Veredelung ermöglicht zwar die zollbegünstigte Einfuhr von Waren, welche im Drittland einer Be- und Verarbeitungen unterzogen wurden und ist somit auch im Import von Bedeutung, jedoch muss das entsprechende Verfahren bereits beim Export des Vormaterials aus der EU angemeldet werden. Diese beiden Verfahren werden daher im Exporthandbuch (www.exporthandbuch.at) besser dargestellt.

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